Richard II.
Elf Jahre ist Richard alt, als man ihn auf den Thron setzt, Isabel von Valois, seine Frau, ist mit sechs Jahren Königin geworden. Ein seltsam flirrendes Paar auf dem Thron, zwischen hypertrophen Höhenflügen und düsteren Ahnungen schwankend. Shakespeares “schlechtester König” hat das, was man Politik nennt, nie gelernt. Er hat wohl den Mord an einem seiner Onkel angeordnet, was ihm dieses Verbrechen aber für Vorteile gebracht haben könnte, bleibt unersichtlich.
2. Dezember 2020
Richard II. William ShakespeareDeutsch von Thomas Brasch
Regie: Johan Simons
Bühne: Johannes Schütz
Kostüme: Greta Goiris
Dramaturgie: Sebastian Huber, Koen Tachelet
Vielmehr rührt es die Opposition in der weitverzweigten Königsfamilie auf. Er hat Steuern und Abgaben erhöht, um einen prächtigen Hof zu führen, und damit große Teile des Adels gegen sich aufgebracht. Und er konfisziert das Vermögen eines anderen Onkels, kaum, dass der gestorben ist, und schickt den einzigen Erben in die Verbannung, um einen Feldzug gegen irische Rebellen zu finanzieren. Seine Regierung, ein Amtsmissbrauch.
Als Richard von der irischen Mission zurückkehrt, hat der verbannte Erbe, Heinrich Bolingbroke, die Abwesenheit des Souveräns zur Rückkehr nach England genutzt und viele Unzufriedene um sich geschart; das tief gespaltene Land ist für den König unregierbar geworden. Die Staatskrise, die daraus folgt, berührt Fragen nach der Legitimität von Herrschaft im Kern. Da ist zum einen die Frage, wie und durch wen ein gottgesalbter König abgesetzt werden kann und über welche Legitimation sein Nachfolger auf dem Thron verfügt – eine Frage, die Bolingbroke als Heinrich IV. noch zwei volle Shakespeare-Stücke lang verfolgen wird. Und was bleibt von “unkinged Richard”, wenn der “body natural”, der physische Mensch, des "body politic“, seiner Königswürde, entkleidet ist? Hinter all dem steht die Frage nach der Berechtigung von Herrschaft als solcher: “Die Krone auf des Königs Schläfe, sie ist hohl. Im Hohlraum thront ein Clown und reißt Witze übern Staat.”