GIVE ME EXCESS OF IT
Mit ihrer Adaption von Mozarts ZAUBERFLÖTE – THE OPERA BUT NOT THE OPERA – geleiten der Regisseur und Schauspieler, Komponist und Musiker Nils Strunk, der Autor Lukas Schrenk und das Ensemble in die versunkene Welt des Vaudevilles, des Varietés und des düsteren Prater-Straßentheaters. Premiere feiern sie am 6. April 2023 im Kasino am Schwarzenbergplatz. Welche Musik seine Arbeit inspiriert hat, verrät Nils Strunk hier und teilt seine Playlist.
„If music be the food of love, play on“
sagt Graf Orsino in Shakespeares „Was ihr wollt“. Lukas Schrenk und ich haben dieses Zitat als Motto an den Anfang unserer Zauberflöten-Fassung gestellt. Eher für uns selbst. Shakespeares Graf will nicht einfach nur mehr Musik. Er will sich satthören, sodass seine „übersatte Lust erkrank’ und sterbe“. Orsino will aufhören zu lieben. Er glaubt, das könne passieren, wenn man ihm unentwegt Liebeslieder vorspielt. Ein herrlicher Gedanke, nicht? Oder will der Graf womöglich leiden? Wer hört sich nicht auch deshalb gern ein Lied an, um sich in einem Gefühl, einem Gedanken, oder einer Erinnerung zu verlieren? Die Erfindung des Kopfhörers hat die globale menschliche Gefühlswelt vielleicht mehr verändert als das Rad. „Give me excess of it [...] That strain again!“ An den wirklich guten Sachen kann man sich eben nicht satthören. So auch nicht an Mozarts „Zauberflöte“. Jedes Mal ist es einfach wieder gut. Und ich könnte nicht mal sagen, ich entdeckte immer wieder etwas Neues. Klar, natürlich tu ich das. Aber so oft ich sie auch gehört habe, die in meinen Ohren besten Stellen bleiben die besten Stellen. Mit den folgenden Songs geht es mir genauso. Sie sind eine Inspiration für die Musik gewesen, die ich auf der Grundlage von Mozarts unschlagbaren Melodien komponiert habe.
TOM WAITS: INNOCENT WHEN YOU DREAM
Bei Tom Waits ist es natürlich der unverwechselbare Sound, der schon so viele inspiriert hat. Seine „Liebeslieder“ gehören für mich zu den größten überhaupt. Sie sind von einer Zartheit, die mit so viel Schmutz zusammengehört. Alles ergibt Sinn.
GUILLEMOTS: TAKE ME HOME
Diesen Song hat mir mein alter Freund Robin irgendwann geschickt. Er hat auch zwei Songtexte zu unserer ZAUBERFLÖTE beigesteuert. Für beides bin ich tierisch dankbar.
GLENN MILLER: BEGIN THE BEGUINE
Mit Glenn Miller bin ich aufgewachsen und ich werde ihn immer heiß und innig verehren. „Begin the Beguine“ ist neben der „Moonlight Serenade“ seine beste Nummer in meinen Augen. Eine Schule für Dynamik.
HERBERT GRÖNEMEYER: DER WEG
Vielleicht einer der größten deutschen Songs jemals. Man kann und sollte auch nicht mehr dazu sagen.
THE FLEETWOODS: UNCHAINED MELODY
Kein Love-Song wurde je besser gemeinsam gesungen.
BEATLES: I WANT YOU
Der Sound dieser gar nicht mal so bekannten Beatles-Nummer ist mit Sicherheit eins der größten Meisterstücke jemals.
EUGEN CICERO: HUNGARIAN RHAPSODY NO. 2
So covert man Klassik. Genau so. Ich kann nur dazu raten, dringend mehr Eugen Cicero zu hören.
NEIL YOUNG: DEAD MAN THEME
Auch an diesem Lied werde ich mich niemals satthören können. Für mich als Gitarrist eine richtige Sound-Schule.
RUFUS WAINWRIGHT: ALL DESSEN MÜD
Ein absolutes Vorbild für mich sind Rufus Wainwrights Kompositionen von Shakespeares Sonetten. Das hat außer ihm nur einer so gut hingekriegt: Karsten Riedl.
LEONARD COHEN: YOU WANT IT DARKER
Ich muss zugeben, dass ich von Leonard Cohen nur drei Songs kenne. Das ist einer davon. Es war der Soundtrack zu der großartigen Serie „True Detectives“. Vielleicht war sie auch dank dieses Openers so großartig. Was für eine Rampe.
NINA SIMONE: LILAC WINE
Zu manchen Songs kann man nicht viel sagen, außer, dass man sie liebt.
LIN MANUEL MIRANDA: THE ROOM WHERE IT HAPPENS
Lin Manuel Miranda und sein Ensemble haben mit „Hamilton“ Musikgeschichte geschrieben. Ich finde: zu Recht. Sie haben ein Genre weiterentwickelt. Das kann viel wichtiger sein, als ein neues zu erfinden.
Ach ja – und eine der schönsten Aufnahmen der ZAUBERFLÖTE ist meiner Ansicht nach die der Akademie für Alte Musik mit René Jacobs. So spielerisch, so leidenschaftlich, so kratzig. Großartig.
Nils Strunk
geboren 1990, absolvierte sein Schauspielstudium an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Es folgen Engagements u. a. an der Schaubühne, am Deutschen Theater Berlin, an der Staatsoper Unter den Linden, am Residenztheater und an der Volksbühne Berlin. Außerdem ist Nils Strunk Musiker und Komponist für Bühnen- und Filmmusik und gab 2020/21 am Staatstheater Karlsruhe sein Regiedebüt. Seit der Spielzeit 2021/22 gehört er zum Ensemble des Burgtheaters.