DISOBEDIENCE العصيان
Soukaina Joual hat die Bildstrecke des BURGTHEATER MAGAZIN #6 gestaltet, der wir hier einen Beitrag widmen.
Soukaina Joual über ihre Arbeit لعصيان “Disobedience”
Die sechs Miniaturen, die zusammen die Serie العصيان “Disobedience” ergeben, stellen ein populäres Bild von Adam und Eva (آدم و حواء) im Paradiesgarten dar, das dem gottesbefohlenen Abstieg zur Erde vorausgeht. Dieses Bild, in ähnlicher Form Zier jeder katholischen Kirche, wird gewöhnlich in großem Maßstab gedruckt und auf den Souks in Afrika und Asien verkauft. Das Werk dekonstruiert dieses Bild, indem es seine verschiedenen Symbolebenen trennt. Jede einzelne Miniatur enthält je eines der Elemente, aus denen das Bild besteht: Die Frucht vom Baum der Erkenntnis; die beiden menschlichen Protagonist*innen – unverhüllt –; die Feigenblätter, welche normalerweise ihre Scham bedecken; den Baum selbst mitsamt der Schlange der Verführung; den himmelblauen Hintergrund. Indem es den Mythos seziert, analysiert das Werk das dialektische Verhältnis der Menschheit zur Erkenntnis und dem damit verbundenen Sündenfall, auf den sich alle abrahamitischen Religionen beziehen. Die Künstlerin thematisiert die Verführung, „dahinter“ zu blicken, und setzt diesen Blick in ihrer Interpretation gleichzeitig künstlerisch um. So verweist die Dekonstruktion der malerisch naiven Darstellung auf den Kern der Aufklärung, den Dingen auf den Grund zu gehen, Symbole zu hinterfragen – und enttabuisiert u.a. die ikonografisch verdeckte Darstellung von Nacktheit und Sexualität.
Serie von sechs Miniaturen (2017), Acryl auf Papier, je 35.8*27.7 cm
Mit freundlicher Genehmigung durch die Künstlerin und L'appartement 22, Rabat.
Soukaina Joual
Soukaina Joual, geboren 1990 in Fés, Marokko, schloss 2011 ihr Studium an der Staatlichen Akademie für Bildende Künste in Tetouan ab. Sie nahm an verschiedenen Projekten in Galerien teil, etwa in Marokko (u.a. L'appartement 22, Le Cube Independent Art room, Le 18 Marrakesh, GVCC), in Deutschland (Halle 14, 5. Biennale der neuen Talente Köln), in Frankreich (Friche de la Belle de Mai, Cité internationale des Arts de Paris), in Japan (Sunday Issue Gallery, Ken Nakahashi Galery, Block House, Space Jikka), in Ägypten (MASS Alexandria), in Südkorea (Seoul Art Space GEUMCHEON).