Kennen Sie Veza Canetti?
Am 9. Jänner lasen Regina Fritsch und Markus Meyer im Akademietheater aus DIE SCHILDKRÖTEN von Veza Canetti, deren hellsichtige literarische Stimme erst spät wiederentdeckt wurde
DIE SCHILDKRÖTEN von Veza Canetti
Mit Regina Fritsch und Markus Meyer
9. Jänner 2024
20 Uhr, Akademietheater
Über Veza Canetti
Veza Canetti (1897–1963) war als Autorin zu Lebzeiten unbekannt. Venetia Taubner-Calderon, geboren in Wien als Kind jüdischer Eltern, schrieb Erzählungen in sozialistischen Zeitschriften unter diversen Pseudonymen und verdiente sich mit Übersetzungen und Sprachunterricht ihren Lebensunterhalt. 1934 heiratet sie den späteren Literaturnobelpreisträger Elias Canetti. Das Ehepaar flieht 1938 nach dem Anschluss vor den Nationalsozialisten über Paris nach London. Dort schreibt sie bereits 1939 DIE SCHILDKRÖTEN, dessen Veröffentlichung allerdings durch den Kriegsbeginn verhindert wird. Veza Canetti feiert danach kaum schriftstellerische Erfolge. Nachdem 1956 ein weiterer Roman von ihr abgelehnt wird, vernichtet sie große Teile ihres eigenen Werks. Fortan widmet sie sich der literarischen Karriere ihres Mannes.
Erst nach ihrem Tod in 1963 finden Germanistikforscher*innen Mitte der 1980er Jahre Hinweise auf die wahre Identität der Person, die sich hinter den Namen Veza Magd, Martina Murner und Veronika Knecht verbarg. Veza Canettis Werke werden wiederentdeckt und sukzessiv veröffentlicht. DIE GELBE STRAßE erscheint 1990, ebenso das Theaterstück DER OGER 1991 und 1992 ein Band mit ihren Erzählungen GEDULD BRINGT ROSEN. DIE SCHILDKRÖTEN erscheint 1999 und damit erst 60 Jahre nach seiner Fertigstellung in 1939.
Sie können sich ein eigenes Bild von Veza Canettis großem Werk machen, indem Sie einen Blick in die frei verfügbare Leseprobe von DIE SCHILDKRÖTEN werfen.
Lesung im Akademietheater
Am 9. Jänner lasen Regina Fritsch und Markus Meyer aus Veza Canettis weitsichtigen und auch heute schmerzhaft aktuellen Roman. DIE SCHILDKRÖTEN erzählt vom Einmarsch Hitlers in Österreich, von Flucht und Diaspora, von der Vernichtung jüdischen Lebens. Im Zentrum steht eine Welt, die dabei ist zusammenzubrechen. Es ist ein schockierendes und berührendes Zeugnis menschlicher Würde in einer Zeit allgegenwärtiger Niedertracht.